Das Labyrinth des Fauns (German Edition) by Cornelia Funke & Guillermo del Toro

Das Labyrinth des Fauns (German Edition) by Cornelia Funke & Guillermo del Toro

Autor:Cornelia Funke & Guillermo del Toro [Funke, Cornelia & Toro, Guillermo del]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783733651886
Herausgeber: FKJV: FISCHER Kinder- und Jugendbuch E-Books
veröffentlicht: 2019-07-01T22:00:00+00:00


Keine andere Wahl

Der Tag brach gerade erst an, als Pedro Mercedes und Dr. Ferreiro zurück zu der Lichtung am Bach führte, wo er sie abgeholt hatte. Er war voller Zuversicht, mit dem Morgenlicht im Gesicht und der frischen Luft, die das Versprechen eines Neuanfangs mit sich trug.

»Bald kommt Verstärkung aus Jaca! Fünfzig Mann oder mehr.« Aus seiner Stimme klang weder Zweifel noch Furcht, trotz der Verzweiflung, die sie alle in der letzten Nacht auf Frenchies Gesicht gesehen hatten. »Sobald sie da sind, können wir es mit Vidal aufnehmen.«

Ferreiro hatte das schon oft gesehen: den Enthusiasmus, den ein neuer Tag mit sich brachte, selbst nach der finstersten Nacht. Manchmal war er stark genug, um von Dauer zu sein, doch meistens erstarb er, sobald die Dämmerung einsetzte. Ferreiro selbst hatte sich noch nicht von der Amputation erholt. All der Schmerz, die Verzweiflung des Verletzten und seiner Kameraden, seine eigene Hilflosigkeit …

»Es mit ihm aufnehmen und was dann?« Er konnte die Frage nicht herunterschlucken. »Ihr tötet Vidal, und sie schicken einen Mann, der genauso ist wie er. Und danach noch einen …«

Ferreiro war in seinem Leben schon zu oft Zeuge enttäuschter Hoffnungen gewesen. War er wirklich erst seit achtundvierzig Jahren auf dieser Welt? Er fühlte sich, als wäre er tausend Jahre alt. Er hatte all die jungen Männer satt, die unbedingt kämpfen wollten – selbst wenn sie auf der richtigen Seite standen.

Pedro machte sich nicht die Mühe, ihm zu antworten. Mercedes’ Bruder blickte ihn nur an, mit seinem frischen, jungen Gesicht. Was sah er? Wahrscheinlich bloß einen traurigen alten Mann.

»Ihr könnt nicht gewinnen!«, fuhr Ferreiro ihn an. »Ihr habt keine Waffen, keinen sicheren Rückzugsort! Es wird euch allen wie Frenchie ergehen. Oder noch schlimmer.« Er kniete sich neben den Bach, um das Blut von seiner Säge und seinem Skalpell zu waschen. Er würde diese Werkzeuge sicher schon bald wieder brauchen. Das Wasser floss kalt über seine Hände. So kalt wie die Welt.

»Ihr braucht nicht mehr Männer«, sagte er. »Die, die ihr habt, brauchen Essen! Und Medikamente!«

Pedro hatte noch immer nichts gesagt. Hinter ihm sammelten die anderen Widerstandskämpfer Feuerholz und was der Wald sonst noch für sie bereithielt.

»Amerika, Russland, England … sie werden uns alle helfen«, sagte er schließlich. »Sobald sie den Krieg gegen die deutschen Faschisten gewinnen, werden sie uns helfen, sie hier in Spanien zu besiegen. Franco hat Hitler unterstützt und wir die Alliierten. Viele von uns sind im Widerstand umgekommen; wir haben die Wolfram-Minen in Galizien sabotiert, die die Deutschen brauchen, um ihre Waffenfabriken am Laufen zu halten … glauben Sie etwa, die Alliierten vergessen das einfach?«

Ferreiro richtete sich auf und legte die Werkzeuge zurück in seine Tasche. Ja, sie würden es vergessen. Er war so müde und so wütend. Vielleicht war seine Wut vor allem auf seine Erschöpfung und seine Hoffnungslosigkeit zurückzuführen. Vergiss die Angst nicht, sagte er sich. Die Angst, dass das Gute niemals gewinnt – dass es das Böse bestenfalls für eine Weile aufhalten kann.

»Was ist mit Mercedes?« Nein, obwohl ihn seine eigene Stimme irritierte, konnte er die Sache nicht ruhenlassen.



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